Die Lammzeit
- nadinequinn7
- 13. März 2023
- 3 Min. Lesezeit
Psst … nicht stören
Die Lammzeit ist für meine Hunde genauso anstrengend wie für mich.
Mehrmals am Tag sind wir unterwegs die Gruppen zu kontrollieren.
Arbeit gibt es nicht immer aber wenn dann ist Mut, Ausdauer und vor allem Geduld gefragt.
Meine Herde steht 365 Tage im Jahr draußen. Um sie bestmöglich zu versorgen verlangt das vorausschauendes Handeln und Improvisations Talent wenn Dinge nicht nach Plan laufen.
Was das für die Hunde heißt lässt sich am besten am Beispiel von heute morgen beschreiben:
Es ist Sonntag - und obwohl ich mir Sonntags sonst immer einen Moment länger im Bett gönne, sind die Crew und ich heute früh unterwegs. Mal eben die Schafe kontrollieren sage ich um 7 Uhr zu den Kindern ( die sich schon auf den Schwimmbad Besuch Nachmittags freuen) als ich ins Auto steige.
Ich naives Dummerchen glaube diesen Satz tatsächlich anders ist es wohl nicht zu erklären dass ich in Jeans und rosa Wollpullie los fahre.
Bei den Mutterschafen angekommen fällt mir direkt ein Jährling ins Auge der ein frisch geborenes Lamm bei Fuß hat.
Als ich näher ran gehe denke ich: Hm für ein Einzellamm ist das Lamm etwas klein.
Und weil ich nirgends eine Nachgeburt entdecken kann entscheide ich mich auf mein Bauchgefühl zu hören und das Mutterschaf zu fangen.
Natürlich ist die frisch gebackene Mutter überhaupt nicht damit einverstanden das ich sie anfassen will ( die meisten meiner Schafe sind eh nicht zahm) und so schicke ich Poppy auf die Balance ( so das sie das Schaf mir gegenüber hält).
Es ist Poppy’s erste Lammzeit in der sie ernsthaft arbeiten muss. Jet wird gerade in Watte gepackt und Joe soll langsam weniger machen.
Die Lammzeit ist ein wirklicher Test fürs Team vorallem aber für den Hund. Denn das Mutterschaf lässt keinen Zweifel daran das es Poppy nicht in seiner und erst recht nicht in der Nähe ihres Lamms haben will. Damit das Ganze nicht in wilder umherjagerei endet muss Poppy gut zuhören. Geduld beweisen und mit Abstand langsam auf das Mutterschaf zu in den Druckpunkt gehen. Das muss so selbstbewusst und ruhig passieren das das Schaf nicht gleich zum tobenden Stier wird und den Hund angreift.
Poppy braucht soviel Selbstvertrauen und Impulskontrolle das sie die Drohgebärden des Schafs nicht gleich zum Anlass nimmt eine Wollprobe zu nehmen oder das Schaf zu beißen. Das zu beißen ist hier nur erlaubt wenn die Mutter den Hund tatsächlich vermöbeln wollte.
Damit es dazu nicht kommt muss ich in dem Moment wo der Hund in den Druckpunkt geht zügig die Mutter mit dem Stock fangen oder so greifen.
Dies klingt einfacher als es manchmal ist aber es gelingt heute.
Beherzt zu gegriffen und schon hab ich 80 kg Schaf in der Hand.
Und was macht Poppy ? Sie legt sich auf Kommando hin und bleibt dort auch liegen während ich gut zu tun habe das Schaf auf die Seite zu legen.
Was dann folgt habe ich nicht eingeplant - sonst wäre ich nicht in Sonntagsklamotten los gefahren.
Ich knie mich auf den mit Schnee Matsch bedeckten Boden und fasse mit einer Hand in den Geburtskanal.
So wird aus dem Rosa Sonntags ein Rosa Arbeitspulli denn obwohl ich versuche die Ärmel so hoch zu schieben wie es geht läuft Fruchtwasser den Arm hinab.
Aber Hose und Pulli sind mir in dem Moment eh egal denn was ich da ertasten kann ist ein Lamm in schwieriger Lage , das bereits tot ist und ich trotzdem drehen muss damit ich es überhaupt aus dem Mutterleib bekomme.
Während ich schiebe und ziehe und gelegentlich Fluche liegt Poppy in ein paar Metern Entfernung lässt sich vom erstgeborenen Lamm ab schnuppern und schaut einfach nur zu.
Nach ein paar Minuten ist es endlich geschafft
und das Bocklamm kommt zum Vorschein.
ich lasse die Mutter das tote Lamm beschnüffeln - schließlich soll sie wissen das die ganze Quälerei einen Grund hatte und von dem toten Lamm Abschied nehmen.
Erst als ich das Lamm weg nehme steht Poppy wieder auf und geht direkt neben mir über die Wiese.
Alle anderen tragenden Schafe und Mütter mit jungen Lämmern bei Fuß beobachten wir mit Abstand.
Es ist wichtig das Poppy bei dieser Art von Arbeit zuhört, mutig und selbstbewusst ihren Part erfüllt und gleichzeitig Geduld und Kritikfähigkeit beweist.
Was tue ich dafür das wir gemeinsam so Arbeiten können?
Ich fördere in der Ausbildung meiner Hunde ( und auch der Teams im Training )arbeiten nach Instinkt.
Schaffe ein verlässliches Fundament durch eine Stabile Bindung - zu der auch Kritik und Kritikfähigkeit gehört.
Ich fördere mitdenken und schaffe ein Gleichgewicht aus Gehorsam und Instinktgesteuerten Verhalten so das sich der Hund als Teil eines Teams versteht und nicht nur als Befehlsempfänger.
Ein so aufgebautes Training das dem Hund ein mitdenken erlaubt ermöglicht dem Hund in wichtigen Momenten sich richtig zu entscheiden und mit zuarbeiten weil er Teil des Teams sein will.

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